Rebecca Davis bei den Drinks #8: Nutzerzentrierung ist nicht alles
Dass der aus dem Englischen übernommene Begriff Design Thinking mit Design nach unserem gewohnten Sprachverständnis wenig zu tun hat, verwirrt auf den ersten Blick. Für Rebecca Davis, eine aus dem Design stammende Design Thinkerin, jedoch kein Widerspruch. Sie setzt Design mit Gestaltung gleich und arbeitet klar heraus: Design kann Styling sein, aber im Sinne des Gestaltens ist Design eben vor allem Lösungsfindung, Prozess und Strategie.
Der Kern des Design Thinkings
Rebecca Davis ist Senior Consultant bei MHP (a Porsche Company) mit dem Schwerpunkt Digital Innovation und Designmanagement. Design Thinking ist für sie die systematische Herangehensweise an komplexe Probleme. Diese „Wicked Problems“ sind das Spiegelbild der heutigen Welt. Es ist meist unmöglich, alle Einflüsse zu kennen, und genau deswegen gibt es dann auch immer mehr als eine Lösung.
In unserem bisherigen Vorgehen überwiegen die Lösungsansätze, die von technischer Machbarkeit oder Wirtschaftlichkeit getrieben sind (funktionale Innovationen oder Prozess-Innovationen).Deshalb ist es laut Rebecca Davis nun wichtig, beim Menschen zu beginnen. Die „Design-Denkweise“ setzt hier nicht auf die eine Lösung für alles (induktive Lösung), wählt auch nicht die eine Lösung aus vielen aus (deduktiv), sondern sucht abduktiv nach einer Lösung: Einer Lösung, bei der man sich aus den einzelnen Aspekten verschiedener Lösungen jeweils das Beste herauspickt und daraus eine neue Lösung gestaltet bzw. designt. Das bedeutet für die meisten von uns eine Umstellung unserer bisher gewohnten Vorgehensweise. Erst indem wir die Problemlösung an den Anfang stellen – anders als bei der klassischen Problemlösung – verstehen wir, worum es überhaupt geht.
Erfolgsfaktoren bei der Einführung von Design Thinking
Design Thinking ist zur Zeit in aller Munde und wird als Patentrezept beworben, das „überraschend einfach, sozusagen kinderleicht in der Bedienung mit einer sehr einfachen und gut strukturierten, iterativen Schrittfolge“ ist. Doch warum scheitern dann so viele Design Thinking Einführungen in Unternehmen? Für Rebecca Davis ist klar: Weil Design Thinking eben nicht kinderleicht ist, sondern einen sehr anspruchvollen Veränderungsprozess erfordert, um in das neue Denken, das „Design Thinking“ hineinzukommen. Als Ergebnis ihrer persönlichen Berufserfahrung sieht Rebecca Davis folgende vier Faktoren, die es unbedingt braucht, um die Einführung von Design Thinking in Unternehmen zum Erfolg zu führen:
Aufbau eines internen Teams
Häufig werden breit über das Unternehmen hinweg „kreative Köpfe“ gesucht und diese dann in Design Thinking ausgebildet. Viel wirkungsvoller ist es – so die Erfahrung von Rebecca Davis, ein Team zu befähigen. Ein Team, das Leidenschaft für neues Denken mitbringt und das sich gegenseitig unterstützt und ermutigt, wenn die Widerstände wachsen. Dieses Team muss dann Keimzelle und Multiplikator für die Veränderung sein. Zunächst in einem Pilotprojekt, dann als Unterstützungsangebot von „Design as a Service“ für andere Teams und Vorhaben im Unternehmen.
Change Management
Es ist überraschend, dass die Einführung von Design Thinking häufig quasi „nebenbei“ durch einige Workshops und mit sofortiger Wirksamkeit vorgesehen ist. Dabei gilt für eine solch grundlegende Veränderung der Haltung und der Herangehensweise an Aufgabenstellungen und der Art der Zusammenarbeit selbstverständlich genau dasselbe wie für alle anderen komplexen Veränderungsprozesse auch. Die Einführung vin Design Thinking ist ein Change und als solcher zu managen mit allem, was dazugehört.
Schulung von Teams
Was für das erste interne Team gilt, gilt auch für die Verbreitung im Unternehmen. Normalerweise werden auch hier wieder einzelne Personen dezentral geschult – doch viel erfolgreicher ist es, ein ganzes Team auf einmal schulen zu lassen. So nimmt jeder etwas anderes mit, was gegenseitigen Freiraum ermöglicht und ganz wichtig: Akzeptanz für das Thema. Diese Teams sollten dann freie Hand und das Okay des Managements haben. Auch dann, wenn der Prozess Jahre dauern kann.
Ein Design Thinker durchläuft einen Prozess
Den Erfolg von Design Thinking kann man nicht messen und zum Design Thinker kann man auch nicht einfach in einem Workshop werden. Es ist ein Prozess, in dem man das Andersdenken lernt. Design Thinker sind weltweit oft Ingenieure, Informatiker oder Architekten – aber für Rebecca Davis ist klar, ein guter Design Thinker muss von der Haltung her ein „echter Designer“ sein. Einer, der über das notwendige Mindset verfügt, Erfahrung damit hat, Prozesse im Blick zu behalten und in der Lage ist, Menschen aus ihrer Komfortzone zu holen, damit sie ihren Blickwinkel ändern.
Nutzerzentrierung ist also nicht alles und auf keinen Fall ein Selbstläufer, wenn es um dei Einführung dieser Haltung geht. Und das Wort „kundenzentriert“, so erklärt Rebecca Davis den rund 100 Besuchern der Design Drinks #8, sollte man dabei aber am besten gar nicht benutzen. Denn der Kunde, das ist der, der zahlt. Der, um den es wirklich geht, ist der Nutzer.
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Eindrücke der Service Design Drinks Nürnberg #8
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